Es ist nicht nur der BC Köln, der in der Südstadt spielt.
Da gibt es Boulisten, die noch nie von diesem Verein gehört haben.
Und die sich vermutlich mit Entsetzen abwenden würden, erzählte man ihnen von der
Existenz deutscher Vereine, die das Kugelwerfen organisieren.
Da, wo die Alteburgerstraße auf den Ubierring trifft, wird sie auf den letzten 50 Metern zur Allee.
Hier öffnet Samstagmittag Cookie, die Wirtin der Weinstube „Zur alten Wettannahme“,
nur für die Boulisten ihr Etablissement – eigentlich ist samstags geschlossen.
Dann kommen Klaus, der benachbarte Friseur, und Josef, der früher beim Arbeitsamt war.
Dann erscheinen Michael und Andrea, die aber manchmal Pech hat, weil ihr Arbeitgeber Stüssgen
ja jetzt auch bis 20 Uhr aufhat.
Wenn es sehr heiß ist, kann es schon mal dauern, bis die erste Sau geworfen wird:
auch bei Cookies Schoppen kann man gut die Zeit vergessen.
Geschossen wird hier selten – zu viele geparkte Autos rechts und links.
Manchmal spielt Cookie mit, oder Chris, mit dem sie die Weinkneipe betreibt .
Hermann, der Rechtsanwalt, versteht mehr von Taktik als von diffizilen Regelfragen und Fritz
beherrscht hinterhältiges Sauziehen besonders gut.
Wahrscheinlich ist er in diesem Boule-Biotop derjenige, der am meisten über das Spiel
und seine Geschichte weiß. Fritz war lange Jahre Redakteur beim WDR und hat es einmal verstanden,
seine Boule-Leidenschaft für eine Dienstreise in die Provence zu nutzen.
Dort hat er – zusammen mit Hanno Brühl – einen wunderbaren kleinen Film über das Spiel gedreht.
Eine Passage daraus veröffentlichen wir hier.
Nur den Text, aber bei dem braucht man – ausnahmsweise – keine Bilder.
Die kommen von alleine:
Retro – Der Kampf um das Schweinchen
von Fritz Breuer
Endspiel in La Ciotat. Das letzte Spiel im kleinen Club-Turnier. Im Boule-Club „Etoile“,
der seit den 50er Jahren auf dem Platz in La Ciotat spielt, treffen sich vor allem
die Männer. Ab und zu gibt´s auch schon mal eine „gemischte Partie“, aber meistens sind die
Männer unter sich. Jean Pierre Agius, genannt Baldo, versucht anzulegen. Das misslingt.
Die Kugel der anderen ist immer noch näher. sein Partner Paul Roquebrun, ein Bauer, wird versuchen, die Kugel des Gegners, die am nä¤chsten beim „Schweinchen“ liegt, wegzuschießen. Daneben!
Jetzt sind die anderen dran. Gelassen nimmt Brundi, der Stoiker, die Sache in die Hand.
Lieblinge des Publikums sind die, die aus dem Spiel theatralische Auftritte machen können:
Der große Bebert de Cagnes verlor einmal recht unglücklich. Gefasst nahm er es hin, ging zum nahen Strand und warf schweigend seine Kugeln ins Meer.
Das Spiel nähert sich dem Ende. Das Team von Baldo liegt im Rückstand. Ein guter Wurf. Aber jetzt kommt Lucien Tenza. Er wird die Kugel des Gegners wegschießen,
während seine eigene sich im Rücklauf an das „Schweinchen“
legt. Ein Retro nennen die Boulespieler diesen Wurf.
Damit bringt Lucien Tenza das Publikum auf seine Seite.
Zu ihren Kugeln haben die Boule-Spieler ein zärtliches
Verhältnis. Man hat die Wahl zwischen verschiedenen Gewichten,
Größen, Oberflachen und Härten.
Eine anschmiegsame Kugel gibt es für jede Hand.
Bei 13 ist Schluss im Petanque. Es ist auch an der Zeit.
Ein menschliches Spiel, das der schwarze Jules auf diesem Platz
erfand. Der Tag war heiß, das Spiel anstrengend, und über
den Platz zieht schon verheißungsvoll ein zarter Duft von Anis.
Das war´s dann. Für heute. Morgen ist ein anderer Tag.
Morgen gibt es ein neues Spiel.
Die Erfinder des Petanque. Zeichnung von F.B.